Ist der vermietete Parkplatz nur eine Nebenleistung zur gemieteten Wohnung?
Besonders in Großstädten ist die Parkplatznot groß. Daher verlangen Bauverordnungen der Gemeinden und Städte, dass beim Bau von Wohnungen auch für ausreichend Parkplätze für den ruhenden Verkehr gesorgt wird. Verständlich, dass der Vermieter möglichst beides – Wohnraum und Parkplatz – vermieten möchte. Auch für den Mieter ist es gut, wenn der Vermieter einer Wohnung auch einen Parkplatz in räumlicher Nähe zur Wohnung anbietet. Aus umsatzsteuerlicher Sicht stellt sich hierbei die Frage: In welcher Beziehung stehen der Wohnungsmietvertrag und der Parkplatzmietvertrag? Ist es eine einheitliche Leistung, die umsatzsteuerlich einheitlich behandelt werden muss?
Als einheitlichen Umsatz wird eine Gesamtleistung bezeichnet, die aus zwei oder mehreren Elementen oder Handlungen besteht und die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden. Bei einer einheitlichen Leistung bestimmt sich der anzuwendende Umsatzsteuersatz nach der Leistung oder den Leistungen, die dem Gesamten das Gepräge geben. Da die Wohnungsvermietung grundsätzlich umsatzsteuerfrei ist und die Parkplatzvermietung für sich eigentlich mit 19 % besteuert werden muss, ist die Antwort zur einheitlichen Leistung bedeutsam.
Das Thüringer Finanzgericht hatte sich aktuell mit der Frage nach der einheitlichen Leistung für Wohnungs- und Parkplatzvermietung zu beschäftigen. Im Urteilsfall hatte ein Unternehmer zunächst den Bau eines Hotelkomplexes mit einem Vorder- und einem Hinterhaus sowie einer Tiefgarage geplant. Nach Fertigstellung der Gebäude verwarf der Unternehmer die Geschäftsidee der kurzfristigen Vermietung und vermietete seine Wohnungen langfristig. Die Wohnungsmieter konnten in einem zweiten Vertrag zusätzlich einen Tiefgaragenstellplatz anmieten. Da beide Vertragsarten separat abgeschlossen wurden und auch unterschiedliche Laufzeiten und Kündigungsfristen beinhalteten, ging der Unternehmer von zwei Einzelleistungen aus: einer steuerfreien Wohnungsvermietung und einer steuerpflichtigen Parkplatzvermietung zum Regelsteuersatz von 19 %.
Aufgrund des Übergangs zur steuerfreien Wohnungsvermietung berichtigte der Unternehmer in den Streitjahren die Vorsteuer aus den Baumaßnahmen für den ehemaligen Hotelkomplex gesetzeskonform, nicht jedoch die Vorsteuer aus den Baurechnungen für die Tiefgarage. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass beide Mietverträge eine einheitliche Gesamtleistung darstellen, soweit Mieter und Vermieter gleich sind. Da die Wohnungsvermietung als die bestimmende Hauptleistung angesehen wurde, sollten auch die entsprechenden Parkplatzeinnahmen als Nebenleistung steuerfrei sein. Im Ergebnis forderte das Finanzamt auch die anteilige Vorsteuerberichtigung aus den Baurechnungen für die Tiefgarage. Dieser Auffassung stimmte das Thüringer Finanzgericht nicht zu. Ihrer Ansicht nach begründet die Tatsache, dass auf beiden Seiten der Mietverträge die gleichen Vertragsparteien vorhanden sind, für sich keine Einteilung in Hauptleistung Wohnungsvermietung
und Nebenleistung Parkplatzvermietung
. Da die Tiefgarage nicht unter dem Vorder- und/oder Hinterhaus gebaut wurde, sondern dazwischen, bestand auch kein enger räumlicher Zusammenhang zwischen beiden Vermietungsobjekten, der eine einheitliche Leistung hätte begründen können. Zudem wurden die Parkplätze nicht den Wohnungen so zugeordnet, dass der Mieter nur die Wohnung in Kombination mit dem zugewiesenen Parkplatz hätte mieten können. Somit fehlte es auch am wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Wohnungsvermietung einerseits und der Parkplatzvermietung andererseits. Durch die räumliche Trennung der Tiefgarage und dem ehemaligen Hotelkomplex bestand für Fremde die Möglichkeit, einen Tiefgaragenstellplatz anzumieten ohne selbst Wohnungsmieter zu sein.
Da zudem für beide Vermietungsbereiche jeweils ein eigenständiger Markt vorhanden war, konnte die gleichzeitige Anmietung einer Wohnung und eines Parkplatzes durch denselben Mieter nach Auffassung des Gerichtes keine einheitliche Leistung sein. Der Unternehmer muss daher nach Auffassung des Finanzgerichts die Vorsteuer aus den Bauvorhaben für die Tiefgarage nicht anteilig zurückzahlen.
Fazit: Ob eine einheitliche Leistung oder mehrere getrennt zu beurteilende Leistungen vorliegen, ist immer aus der Sicht des Leistungsempfängers zu betrachten. Danach handelt es sich immer dann um eine einheitliche Leistung, wenn die einzelnen Leistungen so eng miteinander verknüpft sind, dass eine Aufspaltung auch aus Sicht des Leistungsempfängers wirklichkeitsfremd ist. Ferner ist eine Leistung als Nebenleistung zur Hauptleistung zu beurteilen, wenn sie für den Empfänger nur das Mittel ist, um in den Genuss der Hauptleistung kommen zu können.
Hinweis: Abschließend muss nun der Bundesfinanzhof darüber entscheiden. Die Revision ist unter dem Aktenzeichen V R 41/19 anhängig.